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BERGWELTEN | Ausgabe 61 | Herbst 2025

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Beliebtes Fotomotiv und

Beliebtes Fotomotiv und kulturelles Zentrum:das Passionstheater in Oberammergau.Prunkvoll und imposant präsentiert sich die Oberammergauer Pfarrkirche.Kraxentrager. Denn viele Holzschnitzer marschierten früherweite Strecken, um ihre Werke im Um- und Ausland zu verkaufen.Ihre Produkte wurden ein Exportschlager für Oberammergau.Wie kaum ein anderes Haus steht jenes von „Lang seligErben“ für die Holzbildhauertradition des Ortes. 1775 gründeteGeorg Lang dieses Handelshaus, das Oberammergauer Schnitzwarenin die ganze Welt exportierte. Im 19. Jahrhundert wares der wichtigste Arbeitgeber. 1867 wurde in dem Haus an derDorfstraße 20 der Schriftsteller Ludwig Thoma geboren.Läden und Gaststätten stehen SpalierIn der Dorfstraße teilen sich Einheimische, Touristen, Reisegruppenaller Kontinente, Radfahrer und Autos das Pflaster. Holzbildhauerlädenund -werkstätten, traditionelle Gasthöfe, ein Sushi-Shop undEiscafés stehen Spalier. „In Unterammergau haben wir im gesamtenOrt nicht mehr Einkehrmöglichkeiten“, stellt Michael Spindler fest.Vorbei am Museum, das in vielen großen Räumen die Geschichte desOrtes erzählt, erreicht man die Abzweigung zum Passionsspielhaus,das 1830 errichtet und immer wieder modernisiert wurde. Bis zuseinem Bau wurden die Passionsspiele fast 200 Jahre lang auf demFriedhof aufgeführt – 1634 zum ersten Mal. Ein Jahr zuvor hattendie Oberammergauer das Gelübde abgelegt, alle zehn Jahre die Tragödiezum Leiden und Sterben Jesu zu zeigen, wenn der Herrgott sievon der Pest befreie. Von diesem Tag an soll kein Mensch mehr ander Krankheit gestorben sein. Mittlerweile ziehen die Passionsspielemehr als 400.000 Besucher aus aller Welt an. Auch in den Zwischenjahrenfinden hochkarätige Theateraufführungen statt, deren Finanzierungsich allerdings schwierig gestaltet. Von Anfang an begeisterthat das Heimatsound-Festival. Seit 2013 feiern die Besucher zweiTage lang Mundart- und Independent-Bands. Auch die Führungendurch das Passionsspielhaus im Sommer sind gut besucht, mehrmalspro Tag besichtigen Gruppen die Ausstellung und den Bühnenteil.Durch den Tourismus ist der Ort ab dem späten 19. Jahrhundertstark gewachsen, auf heute gut 5000 Einwohner.Neubauviertel ziehen hinüber zum Kolbensessellift, hinaufRichtung Laber und zur NATO-Schule. Mit seiner Kunstund Kultur, der authentischen Tradition ist der alte Dorfkernvon Oberammergau klein und gemütlich geblieben, aberauch viel besucht. Ganz anders vier Kilometer nördlich.Drachenköpfe und Platz für die SeelenSteht für die Holzbildhauertradition von Oberammergau:das frühere Handelshaus von Lang selig Erben.In der Dorfstraße von Unterammergau umgibt den Besucher Ruhe.Mal ein Auto, mal ein Radfahrer kommen vorbei. Maria Blaschkeatmet tief durch. „Das ist schon das Besondere hier.“ MichaelSpindler lacht. Er zeigt ein 100 Jahre altes Foto, Blick Richtung Süden:zwei Häuser, eines davon mit Lüftlmalereien auf der rechtenStraßenseite, zwei Häuser links, dahinter der Kirchturm. So siehtes nach wie vor im Oberdorf aus. Die Brände von 1777 und 1836erreichten diesen Bereich nicht. So trägt das ehemalige Schulmeisterhausnoch seine prächtigen Lüftlmalereien von Franz SeraphZwinck aus dem Nachbarort. Am Mesmerhaus in der Kirchgassezeigt Michael Spindler auf geschnitzte Drachenköpfe an den Balkenunter dem Giebel. „Sie sollten die Dämonen abschrecken“, weißMaria Blaschke. Man entdeckt sie auch an Oberammergauer Häusern.Kleine kunstvolle Öffnungen oben an der Giebelwand solltenzudem den verstorbenen Seelen den Weg in das Jenseits öffnen.Die Geschichte vom „Katzabua“Auch sie lernen auf dem Rundgang noch etwas über ihre jeweiligenNachbarorte: Maria Blaschke und Michael Spindler.Oberhalb des alten Friedhofs, an der Verzweigung der Kirchgasse,wartet der „Katzenwinkel“, ein verwunschen schönes Eck. Einst10 Bergwelten Herbst 2025

lebte dort ein Tiroler, der im Napoleonischen Krieg desertiertwar und sich als hervorragender Wilderer erwies. Im Winter,so erzählt es Michael Spindler, nagelte er sich die Sohlen andersherum an die Schuhe, um die Jäger in die Irre zu führen. Gämsensoll er ohne einen Schuss zur Strecke gebracht haben. Doch als erälter wurde, erlegte er oft Hauskatzen. Erst nachdem der „Katzabua“gestorben war, wurden die Hauskatzen wieder mehr.Sinnbildlich steht die nahe Pfarrkirche St. Nikolaus (erbaut1709 bis 1710) für einen der offensichtlichsten Unterschiededer beiden Orte. Deutlich kleiner und bescheidenerpräsentiert sie sich als das Gotteshaus in Oberammergau.„Aber auch schön und elegant“, findet Maria Blaschke.Der Exportschlager aus UnterammergauEin Drittel so viele Einwohner wie die Nachbargemeinde zähltUnterammergau. Dabei sind sie fast gleich groß: Auf knapp über3000 Hektar kommt Ober-, auf knapp unter 3000 Hektar Unterammergau.Deutlich mehr Fläche wird dort für die Landwirtschaftgenutzt, sanfter kommt die Natur daher. Während im Nachbarortdie steile Felswand des Kofel aufragt, überwiegen weiter nördlichsanfte Wald- und Wiesenhänge. Im Westen, an den Berghängenam Schartenköpfel, findet sich ein Bodenschatz, der den Einwohnernab dem 16. Jahrhundert Wohlstand brachte – von demOberammergau damals nur träumen konnte: die Wetzsteine. Daskieselsäurehaltige Gestein wurde in den Steinbrüchen abgebautund mit Kraxen hinuntergetragen. An Dutzenden Mühlen ander Schleifmühlenlaine haben die Wetzsteinmacher das Materialzersägt, behauen und geschliffen, bis die handlichen Steineverkaufsbereit waren, mit denen Bauern ihre Sensen schärften.Zur Blütezeit exportierte Unterammergau 250.000 Stück pro Jahrnach halb Europa. Im Ortswappen, zu sehen am Rathaus, ist dieWetzsteinmacherei verewigt: in Form von gekreuztem Wetzsteinund Hammer, der silberne Hirsch verkörpert die Jagd.Die Wetzsteinmacherei spielte in Unterammergau eine wichtige Rolle,brachte Wohlstand. Am Brunnen erinnert diese Figur an die Geschichte.Das Schulmeisterhaus haben die verheerenden Brände in Unterammergau 1777und 1836 verschont. So blieben die kunstvollen Zwinck-Malereien erhalten.König Ludwig I. reagiert auf BrändeGeprägt haben den Ort auch die großen Brände – zumindest imsogenannten Hinterdorf jenseits der Pürschlingstraße. Nachdemdas Feuer im Unterdorf viele alte Häuser zerstört hatte, reagierteKönig Ludwig I. und verordnete eine ganz bestimmte Bauweise,die Michael Spindler auf einem Luftbild zeigt: Systematisch sinddie Häuser angeordnet, im einheitlichen Abstand errichtet.Viel Geschichte erzählt das Dorfmuseum. Zur Wetzsteinmacherei,Landwirtschaft, Holzgewinnung und Weberei. Geöffnet hat esnur von Ende Mai bis Oktober, sonntags von 15 bis 17 Uhr. Wiealle Mitglieder im Historischen Arbeitskreis, betreut MichaelSpindler die Ausstellungen rein ehrenamtlich. Ganz anders inOberammergau. Durchorganisiert, mit Angestellten, Förderverein,vielen Besuchern und täglichen Öffnungszeiten bis auf Montag.Drachenköpfe am Mesmerhaus in der Unterammergauer Kirchgasse solltendie Dämonen abschrecken. Sie findet man auch in Oberammergau.Im Obergeschoss zeigt Michael Spindler einen alten Laden, dasehemalige Kaufhaus aus der Schulstraße. Die Registrierkassefunktioniert noch, viele jahrzehntealte Waren liegen noch inden Regalen. Das Schwarzpulver aber ist weg, das bis vor gut 100Jahren noch für die Sprengung in den Wetzsteinbrüchen verkauftwurde – einfach über die Theke. Vor etwa 35 Jahren schloss derKramerladen, einige weitere Läden folgten. Heute, sagt MichaelSpindler, fahren die meisten zum Einkaufen nach Oberammergau.„Andersherum kommen sie aber schon auch“, sagt der 51-Jährigeund lacht. Aber nicht, um die Ruhe zu genießen. „Wir können haltbesser feiern.“ nDeutlich schlichter und kleiner als das Gotteshaus in Oberammergauist die Pfarrkirche St. Nikolaus in Unterammergau.Bergwelten Herbst 2025 11

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