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„Die habengesammeltund gesammelt“Mit der Industrialisierung verschwand zunehmenddie Volkskunst. Auch der Bezug dazu und die Angstkam auf, dieses Kulturgut zu verlieren. „Deshalb hatman in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angefangen,zu sammeln“, erklärt Dr. Constanze Werner,Leiterin des Museums Werdenfels, das vor 100Jahren als Heimatmuseum eröffnet wurde.Ein Neubau fürs Heimatmuseum: 1925kam die Sammlung an der Bahnhofstraße,dem heutigen Rathausplatz, unter.Bettgestelle, Grab- und Reliquienkreuze, Rosenkränze,Schränke, Skulpturen, Heiligenbilder, Alltagsgegenständeund vieles mehr kamen zusammen. Das Ansinnen,diese Objekte in einem Museum unterzubringen, trugder Bezirk 1922 an Garmisch und Partenkirchen heran.Mit Erfolg. Zunächst war ein Erdgeschossbau auf einembezirkseigenen Grundstück neben der Schnitzschulevorgesehen. Kosten: circa eine Million Mark. Je 300.000davon sollten die beiden Gemeinden übernehmen.Ein Verein unterstützte die Bemühungen. Schon Anfangder 1920er-Jahre hatte sich die bürgerliche Elite zusammengetan,„um das regionale Kulturgut zu bewahren“und nach dem Vorbild des Bayerischen Nationalmuseumsin München ein Zuhause für die Sammlung zu schaffen.1925 stand der Neubau, immer mehr Exponate kamenhinzu. „Die haben gesammelt und gesammelt“, sagt Wernerüber die Vereinsmitglieder. Das Haus wurde zu klein.Der Landkreis, seit der Kreisreform 1972 für das Heimatmuseumzuständig, suchte nach einer Lösung und fandsie im Wackerle-Haus, dem ältesten noch in seinemursprünglichen Zustand erhaltenen PartenkirchnerBürgerhaus. Der Museumsbau am Rathausplatz wurdeverkauft – und später um ein Stockwerk erhöht – und dasHaus an der Ludwigstraße für 650.000 Mark erworben.Längst ist das Museum in der Moderne angekommen.Unter Josef Kümmerle, dem letzten ehrenamtlichen Leiter,wurde 2019 der Anbau mit einem neuen Ausstellungsraumrealisiert. Unter Werner folgte die Umgestaltung desEingangsbereichs. Der Rest des Altbaus lässt noch auf sichwarten. Allein die Beleuchtung ist ein gewaltiges Problem.Der Wunsch bleibt, dass sich etwas tut, um die Sammlung,die im Lauf der Jahrzehnte auf über 10.000 Exponate angewachsenist, besser darzustellen.n tabAb sofort inEschenloheim WohnladenGeigerzu findenBeratung · Planung · Projektierung · LichtstudioSpürbar mehr AtmosphäreGarmischer Straße 1 · 82438 Eschenlohe · Telefon: 0172-8322239 · helmut.mueksch@web.deFoto: privat30 Bergwelten Herbst 2025
Rita de MuynckMarie OstlerAlejandro Valbueno MartinezEin neuer Blick auf alte ExponateFotos: Brinkmann, Sehr, Riesenhuber, SchulteVerschiedene Künstler hat Dr. Constanze Werner eingeladen,sich im Rahmen der derzeitigen Sonderausstellung„Tausende Objekte und noch viel mehrGeschichte(n)“ mit dem Museum Werdenfels und seinenExponaten auseinanderzusetzen. Der Leiterin war es ein Anliegen,diese durch künstlerische Eingriffe in neue Zusammenhängezu stellen. Neben Stephan Hann beteiligten sichdrei weitere Künstler, jeder mit seinem ganz eigenen Blick.Alejandro Valbueno Martinez:Kreativität statt AngstBei Gewitter würde man sich am liebsten im Bettverstecken, gerne in einem Himmelbett. So geht’s auchAlejandro Valbueno Martinez. Deshalb hat der Kunst- undTheatermaler, der aus einem Dorf in der spanischen ProvinzAsturien stammt und seit 2019 in Oberammergau lebt, denhistorischen Schlafraum im Museum gewählt, um ihn neuzu inszenieren. „Er hat mich gleich angesprochen“, sagt der49-Jährige. „Jeder könnte da drinnen liegen, alles ist offen.“Dafür hat er ein Acrylbild geschaffen, das einer Frage nachgeht:Wie will man sich entwickeln, wenn man sich den Stürmendes Lebens nicht stellt? Es zeigt eine Gewitterstimmung,zugleich den aufklarenden Himmel. „Zwischen Ruhe undSpannung“, beschreibt Martinez sein Werk. Wie bei einemUnwetter bewirken auch bei Menschen gegensätzliche,unerwartete Kräfte Instabilität. „Sie erzeugen Unsicherheitund Ängste, können aber auch Anstoß für Kreativität,Wünsche und Fantasien sein.“ Das will der Künstler, derauch an der Bayerischen Staatsoper und im PassionstheaterOberammergau arbeitet, den Betrachtern vermitteln.Rita de Muynck:Ein Kind befreit sichDie Tradition ist jahrtausendealt. Babys werden gefatscht, also sofest mit Stoffbinden umwickelt, dass sie sich nicht mehr bewegenkönnen. Damit hat sich Rita de Muynck befasst. „Wenn manso fest eingewickelt ist, fühlt man sich doch ohnmächtig“, sagtdie Künstlerin, die seit zwei Jahren in Seehausen wohnt. DerBewegungsdrang der Kinder wird eingedämmt, sie sind abhängigvon einer Person mit Macht. „So schafft man Untertanen.“Im Museum Werdenfels, zu dessen Sammlung vieleFatschenkinder – symbolische, meist aus Wachs gefertigteund mit Bändern umwickelte Jesuskinder – gehören,präsentiert die Belgierin ihre Installation „Follow the Girls –Ausgewickelt“. Im Erdgeschoss sieht man das eng gefatschteBündel, nur der Kopf schaut heraus. Wer die Treppe imAltbau höher steigt, den begleitet ein Kind, das sich immermehr aus seinem Gefängnis befreit. Im dritten Stock scheintder kleine Körper davonzufliegen. Die Bänder, die ihnumgaben, entwickeln ein Eigenleben. „Sie verselbstständigensich, bekommen eine neue Form, eine eigene Poesie.“Marie Ostler:Die Zugspitzgeschichte auf GlasTäglich sieht Marie Ostler die Zugspitze, oft stand sie aufihrem Gipfel. „Ich fühle mich diesem Ort sehr nah“, sagt dieGarmisch-Partenkirchnerin. Intensiv beschäftigt sie sich mitihm, mit der Erstbesteigung und Erschließung. Die Idee, darausein Kunstwerk zu schaffen, geisterte schon länger durchihren Kopf. Für die Ausstellung machte sie sich ans Werk.An der Akademie der Bildenden Künste in München, an dersie nach dem Abschluss der hiesigen Schnitzschule und einerHebammen-Ausbildung seit 2021 studiert, entdeckte sie Glas fürsich. Sie spielt mit Ebenen, nutzt die Transparenz. „Das Glas ist wiemein Skizzenpapier oder ein Notizbuch“, sagt Ostler. Beidseitiggraviert sie Glasplatten, sieben davon stehen nun, übereinanderangeordnet, in einem Ständer aus Metall vor dem Zugspitz-Kreuz.Eine unbearbeitete schließt das Kunstwerk ohne Namen ab.Anspielend auf die Kartographie erforscht die 29-Jährige den 2962Meter hohen Berg aus einem neuen Blickwinkel. Der sich ständigverändert, je nachdem, von welcher Seite und auch welcherPerspektive man das Kunstwerk betrachtet. n tabBergwelten Herbst 2025 31
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